Vivo Nex Ultimate im Test: Die Zukunft erreicht Europa

Technische Ausstattung: von allem viel

Klotzen statt kleckern ist das Motto unseres Review-Samples des Vivo Nex Ultimate. Denn großzügige 8 GB RAM und ein interner Speicher von 256 GB kommen zum Einsatz. Eine gute Arbeitsgrundlage für den leistungsstarken Snapdragon 845 von Qualcomm, der auf acht Kernen mit einer maximalen Taktrate von bis 2,8 GHz werkelt. Der High-End-Prozessor, der im Dezember 2017 vorgestellt wurde, hat vielen Smartphones in diesem Jahr die KI-Fähigkeit beschert. So beispielsweise den aktuellen Samsung-Flaggschiffen um die Galaxy-S9-Reihe und auch der Xperia-XZ2-Reihe. Bemerkbar macht sich der Snapdragon 845 mit seinen smarten Funktionen auch im Vivo Nex Ultimate. Vor allem die Kamera-App sei hier erwähnt, die einen „chinesischen Bixby“ und Szenenerkennung bietet. Mehr dazu im Kamera-Teil.

Die technischen Daten im Überblick

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Vivo Nex Ultimate
Display 6,59 Zoll Super AMOLED-Display / Always-On-Display
Auflösung 2.316 x 1.080 Pixel
Prozessor Qualcomm Snapdragon 845 (Bis 2,8 GHz) + Adreno 630 GPU
RAM 4 GB / 8 GB
Speicher 128 GB / 256 GB (nicht erweiterbar)
Kamera

Frontkamera

Dual-Kamera mit 12 Megapixel f/1.8-Blende + 5 MP mit AI-Funktionen

8 Megapixel, ausfahrbar

Akku 3.900 mAh, kein kabelloses Laden möglich
Software Funtouch OS 4.0 basierend auf Android 8.1 Oreo
IP-Zertifizierung Nein
Entsperrmethoden Fingerabdruck-Scanner im Display-Glas, Muster, Passwort, PIN
Maße & Gewicht 162 x 77 x 8 mm (H x B x T) – 199 Gramm
Farben Schwarz, Rot
UVP 667 Euro (4 GB + 128 GB) / 687 Euro (8 GB + 256 GB)
Marktstart Juni 2018

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Während des Tests machte das technische Setup eine gute Figur. Ob beim Surfen oder beim Zocken des grafisch liebreizenden Hearthstone – die 8 GB Arbeitsspeicher konnten jeglichen Prozess locker verarbeiten. Auch schnelle App-Wechsel verlaufen stets flüssig und ohne Ruckler.

Das Vivo Nex Ultimate im Benchmarktest

Im Benchmarktest zeigt sich der Snapdragon 845 im Vivo Nex Ultimate in ebenso ordentlicher Manier und erreicht im Benchmarktest von Geekbench (Version 4.2.3) 2.454 Punkte im Single-Core und 9.020 Punkte im Multi-Score. Damit spielt das Vivo Nex Ultimate oben im High-End-Bereich mit und muss sich vor dem OnePlus 6 (2.423 Single-Core-Score / 8.909 Multi-Core-Score) oder dem Xiaomi Mi 8 (2.382 Single-Core-Score / 8.671 Multi-Core-Score) und HTC U12+ (2.396 im Single-Core-Score / 8.674 Multi-Core-Score) nicht verstecken. Im Benchmarktest von AnTuTu zeigt sich das große China-Flaggschiff ebenfalls von seiner besten Seite. Hier erreicht das Handy eine Gesamtpunktzahl von 292.249 und schlägt damit unter anderem das Samsung Galaxy S9+, das Huawei P20 Pro. Es erzielt im AnTuTu-Benchmarktest den höchsten Wert, den wir je getestet haben.

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AnTuTu

Geekbench

Vivo Nex Ultimate

292.249

Single-Core: 2.454

Multi-Core: 9.020

Huawei P20 Pro

211.099

Single-Core: 1.918

Multi-Core: 6.835

Samsung Galaxy S9+

239.138

Single-Core: 3.747

Multi-Core: 8.868

Sony Xperia XZ2

263.381

Single-Core: 2.416

Multi-Core: 8.363

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Ausstattung: Dual-SIM ohne Speichererweiterung

Die Basis-Version des Vivo Nex Ultimate kommt mit 128 GB internem Speicher, der sich nicht erweitern lässt. Die größere und teure Version bietet hier zwar mit einem internen Speicher von 256 GB mehr, lässt sich jedoch auch nicht erweitern. Dafür spendiert Vivo dem Nex Ultimate einen Dual-SIM-Slot, mit dem zwei Nano-SIM-Karten zeitgleich betrieben werden können. Das Phablet kommt außerdem mit einem 3,5-mm-Klinkenanschluss. Leider besitzt es keine IP-Zertifizierung und ist somit nicht gegen Wasser oder Staub geschützt.

Wie die trockenen Benchmark-Werte und der Alltagstest zeigen: Das Vivo Nex Ultimate ist ein wahrer Kraftprotz, mit dem das Surfen, Zocken und Stöbern in sozialen Netzwerken richtig viel Spaß machen. Der Snapdragon 845 ist ein aktueller KI-Prozessor, der das Handy zu Höchstleistungen hievt. Wichtig: Weder beim Benchmark-Test noch beim Zocken konnten wir eine Wärmeentwicklung feststellen.  

Telefon und Internet

Bei einem High-End-Smartphone wie dem Vivo Nex Ultimate ist diese Passage wohl von besonders großer Bedeutung. Denn den allermeisten sogenannten China-Handys – also Smartphones, die nicht für den europäischen Markt konzipiert wurden – fehlen die wichtigen Frequenzbänder zum schnellen Surfen im mobilen Netz. Das Phablet punktet jedoch auch in dieser Disziplin. Bereits beim Einlegen einer SIM-Karte zeigt das Handy am oberen rechten Rand an, mit welchen Geschwindigkeiten gesurft wird. Das wichtige LTE-Band 20 unterstützt das Smartphone, somit ist es auch in Europa für schnelles mobiles Surfen im 4G-Netz ausgelegt. Des Weiteren sind alle anderen notwendigen Frequenzbänder an Bord, die global für eine ordentliche Datenübertragung sorgen. Vivo listet folgende Bänder auf seiner Webseite auf:

  • GSM: B2/B3/B5/B8/BC0/BC1/BC10
  • WCDMA: B1/B2/B4/B5/B8/B34/B39/BC0/BC1/BC10
  • 4G LTE (FDD: )B1/B2/B3/B4/B5/B7/B8/B12/B17/B18/B19/B20/B25/B26/B28A/B28B
  • LTE (TDD): B34/B38/B39/B40/B41(2355-2655MHz)

In Sachen WLAN bietet das Vivo Nex Ultimate mit IEEE 802.11 a/b/g/n/ac ebenfalls den hierzulande gewohnten Standard. In der Praxis bewähren sich die Angaben. Im geschlossenen WLAN wie auch in öffentlichen Hotspots surfen wir mit dem China-Handy flüssig und schnell. Ebenso verhält sich die Datenübertragung im mobilen Netzwerk.

Telefonieren mit Hindernissen

So rasant das Vivo Nex Ultimate sich im Übertragen von Daten verhält, so enttäuschend war der Telefon-Test. Zum einen ist während eines Gesprächs der fehlende klassische Telefon-Lautsprecher bemerkbar. Denn der Gesprächspartner klingt sehr blechern und entfernt. Zwar ist das Gesprochene verständlich, die Klang-Qualität lässt aber deutlich zu wünschen übrig. Ebenso ergeht es dem Gesprächspartner: Umgebungsgeräusche filtert das Mikro des Vivo Nex Ultimate nicht raus, im Gegenteil. Es scheint so als würden Geräusche wie das Klappern von Geschirr oder schließen von Schubladen noch verstärkt werden – sehr unangenehm, vor allem für Menschen mit sensiblem Gehör.

Toll! Obwohl das Smartphone nur über Umwege in Europa erhältlich ist, verbaut der Hersteller die wichtigen Frequenzbänder zum Surfen im Netz. Die miserable Gesprächsqualität lässt sich leider nicht schönreden – dem futuristische Piezo-Lautsprecher unter dem Display fehlt merklich die physische Membran. Das Mikro verstärkt störende Hintergrundgeräusche enorm.  

Software und Multimedia: Im Herzen Android, optisch iOS

Dass die chinesischen Smartphone-Hersteller sich gerne mal an der Mainstream-Konkurrenz

bedienen, ist allseits bekannt. Optisch wie auch software-seitig finden sich auf dem chinesischen Markt zahlreiche iPhone-Klone, die den originalgeräten aus Cupertino zum Verwechseln ähnlich sind und oft nur beim zweiten Blick als Klon zu erkennen sind. Vivo bedient sich beim Nex Ultimate nicht ganz so dreist an den Innovationen von Apple. Dafür ist das vorinstallierte Funtouch OS 4.0 allerdings sehr auffällig an der Schlichtheit von iOS orientiert. Gleichzeitig wird jedoch deutlich, dass das System auf Android 8.1 basiert. Gelingt Vivo also die perfekte Mischung aus Android-Vielfalt und iOS-Schlichtheit? Fast. Denn an vielen Stellen ist das System einfach nicht ins Englische oder Deutsche übersetzt worden. So sind nahezu alle vorinstallierten Apps in chinesischer Sprache und auch die vorinstallierte Tastatur ist darauf ausgelegt und schlägt hier und da chinesische Zeichen vor.

Gesteuert wird per Wischer

Das System sieht allerdings sehr hübsch aus und bietet auch viele Möglichkeiten, die man von Android-Handys gewohnt ist. Wiedererkennen kann man das Google-System allerdings kaum. Vor allem mit Blick auf die optische Aufmachung der „Einstellungen“ wird klar, dass Vivo sich hier sehr

stark an iOS orientiert hat. Dabei ist die Aufmachung nicht nur kopiert, sondern ausgereift, und wie bereits erwähnt: Hinter der Schlichtheit von Funtouch OS verstecken sich alle gewohnten Personalisierungsmöglichkeiten von Android 8.1. Sehr gut gelungen ist zudem die Bedienung des Handys über Wischgesten. Wie man es bereits vom iPhone X kennt, befindet sich am unteren Bildschirmrand ein Balken, über den gesteuert werden kann.

Vivo hat den Balken allerdings in drei Teile zerlegt und so führt jeder Wischer über einen der drei Balken eine andere Aktion aus. Bei einem Wischer von ganz rechts nach oben öffnet sich die gelungene Steuer-Zentrale, die bei Android durch einen Wischer von oben nach unten geöffnet wird. Hier sind zuletzt geöffnete Apps einsehbar und es lassen sich Einstellungen wie WLAN, Flugmodus, Lautstärke, Bildschirmhelligkeit und Co. zügig einstellen. Der mittlere Balken führt zu jeder Zeit zurück auf den Home Screen, der rechte Steuerbalken kann ganz nach Gusto innerhalb der Einstellungen mit einer Funktion belegt werden.

Play Store und Co.: Manche Apps nicht für Funtouch OS ausgelegt

Bei der Einrichtung des Handys stießen wir auf einige Probleme, die wir von unserem Testablauf so gar nicht gewohnt waren. Mit ein wenig Recherche und Android-Know-How waren diese aber schnell ausgemerzt. So haben wir den Google Play Store erst nach der Installation über eine apk nutzen können, um sämtliche Benchmark- und Test-Apps herunterzuladen. Auf der Webseite schreibt der Hersteller, dass sämtliche Google-Dienste bereits an Bord seien. Da wir ein Testgerät bekommen haben, das vorher schon in Nutzung war, sind die Dienste wohl abhandengekommen. Nahezu alle Apps lassen sich aus dem Play Store auf dem Vivo Nex Ultimate installieren.

Bei Blizzards Strategie-Kartenspiel Hearthstone haben wir jedoch eine zu kleine Skalierung als störend empfunden. Karten waren kaum lesbar, Button konnten nicht gut gedrückt werden. Das liegt daran, dass Vivo die Oberfläche stark angepasst hat und Blizzard seine Apps nicht auf ein so exotisches Display-Format, wie es das Nex Ultimate mitbringt, angepasst.

Manche Apps konnten wir auch im Play Store nicht installieren. Beispielsweise den 3D-Test von AnTuTu konnten wir nur mit Umgehung des Play Stores als apk-Datei installieren. Das birgt natürlich einige Sicherheitsrisiken, da die apk-Dateien deutlich leichter Viren und Malware auf das Telefon schleusen könnten als die weitestgehend regulierten Apps im Play Store.

Auf dem Vivo Nex Ultimate gibt es eine ganze Menge zu entdecken! Wer erst mal den Google Play Store installiert hat, kann seine Must-Have-Apps installieren. Zur Not auch als apk außerhalb des Play Stores. Die vorinstallierten chinesischen Apps lassen sich deinstallieren. Die Aufmachung von Funtouch OS 4.0 ist gelungen und kommt sogar in einer sehr guten deutschen Übersetzung daher. Leider sind manche Apps nicht für das China-Handy optimiert – somit geht Potenzial verloren.

Sensoren und Schnittstellen

Wir haben uns über AnTuTu die Liste der integrierten Sensoren des Vivo Nex Ultimate genau angesehen. Der Screenshot ist sehr lang geworden – glücklicherweise unterstützt die Oberfläche die Erstellung solcher langen Bildschirmfotos. Denn nicht nur der Fingerabdrucksensor ist gut unter dem Display-Glas versteckt. Es kommen auch zahlreiche andere Messinstrumente zum Einsatz:

  • Beschleunigungssensor
  • Temperatursensor
  • Rotationssensor
  • Geometrischer Sensor
  • Schwerkraftsensor
  • Gyroskop
  • Helligkeitssensor
  • Beschleunigungssensor
  • Magnetfeldsensor
  • Abstandssensor
  • Schrittzähler

Während diese Sensoren eher im Hintergrund agieren und vom Nutzer nicht aktiv benutzt werden, legen wir den Fokus auf die futuristische Entsperrmethode: Den In-Screen-Fingerabdrucksensor.

Entsperren auf dem Display-Glas mit Hindernissen

Die Einrichtung des versteckten Fingerabdrucksensors ist denkbar einfach und unterscheidet sich nicht von den gängigen sichtbaren Sensoren. Die bevorzugte Fingerkuppe muss mehrmals auf das Display gedrückt werden, bis alle Merkmale des Abdrucks erfasst wurden. Dafür erscheint innerhalb der Einrichtung ein kleines leuchtendes Feld auf dem Display, damit der Nutzer erkennt, wo der Finger zu platzieren ist. Das leuchtende Feld erscheint nach der Einrichtung auch auf dem Display, und zwar immer dann, wenn der Fingerabdruck zum Entsperren erforderlich ist.

Zunächst ist die Entsperrung gewöhnungsbedürftig. Der Sensor reagiert sehr sehr langsam, weshalb ein wenig Übung und Geduld gefragt sind. Im Test funktioniert das Erkennen des Fingerabdrucks nur mit ganz sauberen, fettfreien Fingerkuppen bei jedem Versuch. Alle anderen Versuche scheitern vier von fünf Mal. Das ist wirklich schade.

Auch hier lässt Vivo Potenzial liegen und verbaut eine unausgereifte Zukunftstechnologie. Positiv ist aber, dass der Hersteller sich überhaupt traut, das zu tun, während andere Smartphone-Vorreiter sich jahrelang vor dem Einsatz neuer Technologien scheuen und jährlich sehr ähnliche Geräte vorstellen.