Sony Xperia XZ2 Compact im Test: Nur ein halbes Flaggschiff

Kamera: Kein bisschen Oberklasse

Erst in der vergangenen Woche konnte uns das kleine Mittelklasse-Smartphone von Huawei, das P20 lite im Test größtenteils überzeugen. Die Kamera war hier der Knackpunkt, wie es bei den meisten Mittelklasse-Smartphones der Fall ist. Das Fotografieren mit dem Sony Xperia XZ2 Compact katapultierte während des Tests in eine Art Déjà-Vu. Die Kamera-Software wirkt kaum ausgereift, bietet nicht viele Features. Ein Profi-Modus ist immerhin vorhanden. Doch auch nach intensiver Beschäftigung und vielem Spiel mit Licht und Schatten will die Einzelkamera des Xperia XZ2 Compact nicht so richtig überzeugen. Den Grund dafür kann man nicht wirklich bei der einzelnen Linse suchen. Auch Oberklasse-Handys aus den Vorjahren konnten mit einzelner Kamera beeindruckende Ergebnisse erzielen. Zu erwähnen seien hier die Kameras des Samsung Galaxy S7 / S8.

Doch auch an diese mittlerweile überholte Qualität kommt das deutlich neuere Sony Xperia XZ2 Compact im Test nicht annäherungsweise heran. Zwar sind die Bilder der 19-Megapixel-Kamera immer scharf und detailliert. Aber es fehlt das gewisse Etwas, der Wow-Effekt – zum zweiten. Mit Blick auf das technische Datenblatt wird schnell deutlich, dass eine kleine f/2.0-Blende in der Oberklasse nicht mehr zeitgemäß ist. Es fällt in schattigen Situationen nicht genügend Licht durch die Linse, daran kann auch der von Sony beworbene Exmor-RS-Sensor nichts ändern, der dennoch mit einem Hybrid-Autofokus und einer elektronischen Bildstabilisierung wichtige Aufgaben erfüllt. Und obwohl – oder gerade weil – Sony im Bereich der Sensorentwicklung als einer der Vorreiter gilt, enttäuscht die Kamera im Xperia XZ2 Compact umso mehr.

Gute Lichtverhältnisse sind ein Muss

Enttäuschend ist außerdem, wie Sony versucht, die fehlende zweite Linse, die bei Smartphones oft physisch für den beliebten Bokeh-Effekt sorgt, softwareseitig zu ersetzen. Dabei sucht man innerhalb der Kamera-App vergebens nach einem Button für den Unschärfe-Modus oder ähnlichem. Stattdessen bietet das Sony Xperia XZ2 Compact eine separate „Bokeh“-App, mit der ein Unschärfe-Effekt in Bilder gerechnet werden kann. Die Betonung liegt hier jedoch klar auf „kann“, denn wie das Testfoto zeigt, haben sich trotz sehr stiller Hand deutliche Fehler ins Bild geschlichen. Keines der mit der Bokek-App aufgenommenen Bilder war frei von Berechnungsfehlern.

Wer auf den Bokeh-Effekt verzichtet, muss bei der Fotografie innerhalb der Kamera-App unbedingt auf gute Lichtbedingungen achten. Denn bereits bei bewölktem Himmel schafft der Kamera-Sensor des Xperia XZ2 Compact es nicht mehr, Farben realistisch einzufangen. Pflanzen wirken matt und trübe, dunkle Bereiche sind zu dunkel dargestellt. Zugutehalten muss man der Kamera, die eine maximale Auflösung von 5.065 x 3.792 Megapixeln bietet, dass jedes Bild gestochen scharf dargestellt wird und auch beim Heranzoomen oder Nachbearbeiten auf dem Computer viele Details zu sehen sind, die dem menschlichen Auge zunächst verborgen bleiben. Sony hat außerdem die KI-Funktion des Prozessors in die Kamera-Software einbezogen. Das Handy erkennt Szenerien und nimmt entsprechende Einstellungen vor – leider sieht man das nicht auf den Endergebnissen.

Selfies überzeugen ebensowenig

Die Selfie-Kamera kommt mit einer bescheidenen Auflösung von 5 Megapixeln daher und bietet ebenfalls keine bahnbrechenden Neuerungen. Instagram-Influencer oder Selfie-Süchtige sollten sich unbedingt nach einem anderen Smartphone umsehen.

Während die technische Ausstattung des Xperia XZ2 Compact beeindruckt und ein klares Zeichen in Richtung Konkurrenz setzt, enttäuscht die Kamera-Ausstattung auf ganzer Linie. Von einem Sensorhersteller erwartet man eine zuverlässige Kamera in einem sogenannten Oberklasse-Handy. In den vergangenen Jahren haben andere Hersteller gezeigt, dass exzellente Fotos auch mit nur einem Objektiv entstehen können. Eine größere Blende und eine ausgereifte Kamera-Software hätten dem Xperia XZ2 Compact gutgetan und für deutlich bessere Ergebnisse gesorgt. Die Zusammenarbeit mit dem KI-fähigen Oberklasse-Prozessor von Qualcomm wurde hier immerhin versucht. Beim Versuch ist es leider geblieben. Hier sind andere Hersteller wie Huawei bereits deutlich weiter.

Akku

Den achtstündigen Akkutest des Sony Xperia XZ2 Premium mit einer 30-minütigen Fotosession zu starten, sorgte für Panik: Stolze 14 Prozent Akku verlor das Leistungsmonster innerhalb dieser Zeit. Während der Intensiv-Phase sind die Display-Helligkeit auf automatisch gestellt (außer beim Streamen eines HD-Filmes), das Handy ist mit einem Netzwerk verbunden und mobile Daten sind eingeschaltet. Außerdem finden Hintergrundaktivitäten statt und die Benachrichtigungen für Soziale Netzwerke, WhatsApp oder E-Mails sind aktiviert.

Der Grund für den schnellen Energieverlust beim Fotografieren ist wohl deutlich in der Szenenerkennung zu finden. Die Prozessorlast ist hier sehr hoch. Glücklicherweise bewies das Sony Xperia XZ2 Compact in den folgenden Stunden, dass ihm ansonsten kaum eine Aktivität etwas anhaben kann. Das Streamen eines 30-minütigen HD-Videos mit voller Display-Helligkeit und eingeschaltetem Ton verzeichnete einen Verlust von 9 Prozent. 5 Prozentpunkte weniger wies der Akkustand nach ebenfalls 30-minütiger Intensiv-Einlage in Super Mario Run auf. Es folgten im Rahmen der achtstündigen aktiven Testphase Surfen im Internet, in sozialen Netzwerken, Streamen von Musik mit der Radio.de-App und Telefonieren.

Zuverlässiger Akku mit Stamina-Modus

Am Ende der acht Stunden zeigte der Akkustand des Smartphones noch 55 Prozent an. Daraufhin folgte eine Standby-Zeit von 16 Stunden, in der das Xperia XZ2 Compact sieben Prozent verlor und letztendlich nach 24 Stunden eine Restladung von 48 Prozent anzeigte. Ein Wert, der mehr als zufriedenstellend ist. Das Xperia XZ2 Compact besitzt dabei einen Akku mit einem Fassungsvermögen von 2.870 mAh. Das scheint auf den ersten Blick recht überschaubar zu sein. Bei einem 5-Zoll-Display braucht es aber nicht viel mehr, um das Handy ausreichend lang mit Strom zu versorgen. Der Akku ist nicht austauschbar und verfügt im Gegensatz zum teureren Xperia XZ2 und XZ2 Premium nicht über eine Schnellladefunktion.

Kein Quick- oder Wireless Charge

Zum Aufladen des kompakten Smartphones ist außerdem zwingend das USB-Typ-C-Ladekabel notwendig. Kabellos lädt sich über die Aluminium-Rückseite leider nichts auf. Sollte der Akku dennoch mal leer und keine Steckdose in Sicht sein, ist der Stamina-Modus, so nennt sich der Energiesparmodus, des Sony Xperia XZ2 Compact eine gute Sache. Er lässt sich manuell oder auf Wunsch auch automatisch bei einer Restladung von 15 Prozent selbsttätig einschalten und spart noch mal ein wenig Storm ein, indem Hintergrundaktualisierungen oder andere Strom fressende Aktivitäten wie Push-Benachrichtigungen eingeschränkt werden.

Das Sony Xperia XZ2 Compact beweist im Akkutest ein ausgewogenes Energiemanagement. Beim Spielen von rechenintensiven Spielen beweist das Oberklasse-Handy das genauso wie beim Streamen von Filmen oder Musik. Einzig die Strom zehrende Kamerasoftware macht sich am Ende des Tages auf jeden Fall am Akkuladestand bemerkbar. Da die Fotos des Xperia XZ2 Compact aber ohnehin keine Offenbarung sind, müssen sich Besitzer hier wohl keine Sorgen machen. Ansonsten gilt: Auf Foto-Touren unbedingt eine zusätzliche Akkubank mitnehmen. Mit zusätzlichen 5.000 mAh kann man das Handy etwas mehr als einmal nachladen.