Samsung Galaxy S10+ im Test: Das S steht wieder für Spitze

Kamera: Bildqualität auf Top-Niveau

Erste echte Triple-Kamera

Nach einer Hauptkamera im S8+ und zwei im S9+ legt Samsung noch eine Schippe drauf und packt nun eine Triple-Kamera auf die Rückseite des Galaxy S10+. Dabei kombiniert Samsung eine Standardweitwinkel-Brennweite (26 mm gemäß KB-Standard, F1.5-F2.4, 12 MP), eine Ultraweitwinkel-Brennweite (13 mm, F2.2, 16 MP) und eine Normal- bis leichte Tele-Brennweite (52 mm, F2.4, 12 MP). Anders als beim Galaxy A7 (2018) handelt es sich also um eine „echte“ Triple-Kamera, bei der sich alle drei Brennweiten direkt fürs Fotografieren verwenden lassen. Sie deckt quasi einen vierfachen optischen Zoom ab und erweitert die Einsatzmöglichkeiten damit erheblich.

Leider lassen sich die Tele- und Ultraweitwinkel-Kamera nicht im Pro-Modus verwenden. Raw-Aufnahmen mit diesen Brennweiten sind also nicht möglich. Selbst im Porträtmodus ist das Tele-Objektiv nicht anwählbar, obwohl dieser Bildwinkel Gesichtern besser schmeichelt. Positiv: Die Tele-Linse kann auch auf sehr kurzer Entfernung scharfstellen und ermöglicht damit bildfüllende Nahaufnahmen kleiner Objekte. Schwierig zu handhaben sind Aufnahmen mit dem Ultraweitwinkel-Objektiv, weil es gerade Linien stark verzerrt, was sich auch per Korrekturfunktion in der Kamera-Software nicht ausreichend beheben lässt.

Galaxy S10+ im Test Ultraweitwinkel-TestfotoQuelle: Berti Kolbow-Lehradt / handy.de
Zum Vergleich: Das Ernst-August-Denkmal in Hannover mit dem Ultraweitwinkel aufgenommen…
Galaxy S10+ im Test Standardweitwinkel-TestfotoQuelle: Berti Kolbow-Lehradt / handy.de
….dann Wechsel zur Brennweite des Standardweitwinkel-Objektivs im Samsung Galaxy S10+…
Galaxy S10+ im Test Tele-TestfotoQuelle: Berti Kolbow-Lehradt / handy.de
…und schließlich eine Aufnahme mit der Zweifach-Vergrößerung des Tele-Objektivs.

Ungeachtet dessen liefert das rückseitige Kamera-Trio eine technisch ausgezeichnete Bildqualität ab. Die positive Bewertung von DxOMark Mobile können wir im Test bestätigen. Selbst in Hochkontrastsituationen gelingt der Kamera-Software eine ausgewogene Belichtung. Zudem gefällt die natürliche Farbwiedergabe, insbesondere die von Hauttönen. Feine Strukturen stellt das Galaxy S10+ im Test mit viel Durchzeichnung dar, auch wenn das Gerät einige Details wegbügelt, um das Rauschen zu reduzieren.

Künstliche Intelligenz für bessere Bilder

Erstmals verwendet Samsung einen separaten Chip für Künstliche Intelligenz (NPU), der eine Auswahl von Motiven besser belichten soll. Die KI-Fotografie für die Szenenerkennung ist immer scharfgeschaltet, was nur anhand eines kleinen Icons in der oberen rechte Bildecke erkennbar ist. Trotzdem hält sie sich dezent zurück und erledigt weitestgehend unbemerkt ihren Job. Auf Wunsch lässt die Szenenerkennung sich abschalten. Weil wir die Farbwiedergabe aber – anders als bei Honor und Huawei – nicht übertrieben finden, sehen wir dazu keinen Anlass.

Eine weitere Aufgabe des NPU-Chips sind Vorschläge für bessere Bildkompositionen. Dazu blendet die Kamera-Software einen Punkt ein, auf den Nutzer das Bild verschwenken sollen, um beispielsweise die ästhetisch vorteilhafte Drittel-Regel einzuhalten. Die Vorschläge sind in der Regel sinnvoll und können Einsteigern zu ansehnlichen Bildern verhelfen.

Frontale Dual-Kamera für Selfies mit kreativem Bokeh

Nicht nur auf der Rückseite rüstet Samsung auf, auch vorne kommt eine zusätzliche Kamera ins Spiel. Real einsetzbar ist aber nur eine Aufnahmeeinheit, nämlich eine Weitwinkel-Kamera (25 mm, F1.9, 10 MP). Dagegen ist die zweite Optik ausschließlich für Abstandsinformationen zuständig und soll dabei helfen, ein stimmigeres Bokeh zu berechnen. Trotzdem erscheint es in der Kamera-App so, als könnten Nutzer zwischen zwei Brennweiten für Solo- und Gruppen-Porträts wählen. Tatsächlich handelt es sich bei der Option mit dem kleineren Bildwinkel nur um einen verringerten Bildausschnitt der 25-mm-Kamera mit entsprechend geringerer Auflösung. Ein rein digitaler Zoom, also.

Samsung Galaxy S10+ im Test Dual-Kamera FrontQuelle: Berti Kolbow-Lehradt / handy.de
Im Galaxy S10+ verbaut Samsung erstmals eine Dual-Kamera auf der Vorderseite.

Die Bildqualität stufen wir auf einem Level mit der Rückkamera ein. Belichtung, Farb- und Detailwiedergabe erfüllen nämlich sehr hohe Smartphone-Maßstäbe. Auf Top-Niveau sehen wir auch die Gesichtserkennung und Bokeh-Berechnung. Der Look der künstlerischen Hintergrundunschärfe lässt sich beim Galaxy S10+ im Test auf vier Arten variieren, was für mehr kreative Freiheit sorgt und einem Porträt mitunter den letzten Schliff verleihen kann.

Ebenfalls aufgemotzt hat Samsung den Bereich der AR-Emojis. Nun lassen sich die 3D-Avatare in Echtzeit auf reale Körper montieren. Die Mimik-Erkennung hat Samsung im Vergleich zum S9+ im Test deutlich verbessert. Demgegenüber ist der Look der Avatare Samsung für unseren Geschmack etwas zu sehr ins Kindliche gerutscht.

Sound: Lautsprecher und EarBuds können sich hören lassen

In der Sound-Abteilung ist das Samsung Galaxy S10+ im Test ein echter Hit. Obwohl der Hersteller etwa anders als LG beim V40 in Sachen Klang-Features überhaupt nicht auf die Pauke haut, hinterlassen die Lautsprecher einen sehr guten Eindruck. Neben dem Schallwandler hinter dem Lochgitter auf der unteren Seite kommt dabei auch der Telefon-Lautsprecher im oberen schmalen Rand zwischen Rahmen und Display zum Einsatz. Das sorgt für einen Stereo-Klang. Und weil Dolby Atmos standardmäßig aktiviert ist, simulieren die Schallwandler eine schön breite Klangkulisse. Der Bass drückt kraftvoller als bei vielen anderen Smartphone-Lautsprechern.

Wer den Klang lieber näher am Ohr bevorzugt, kann zu Kopfhörern mit Kabelfernbedienung greifen, die Teil des Lieferumfangs sind. Sie stammen von Samsung-Tochter AKG und überzeugen durch einen kräftigen Klang mit klaren Höhen und Mitten sowie leichter Bassbetonung. Deren Klangqualität liegt deutlich über der von typischen Smartphone-Beilagen.

Aus unserer Sicht befinden sich die AKG-Ohrhörer mindestens auf dem gleichen Klangniveau wie die Galaxy Buds, die es für Vorbesteller als Zugabe zum Galaxy S10+ gibt. Allerdings übertragen die Galaxy Buds im Hands-on den Bass nicht überzeugend. Dafür verzichten sie komplett auf Kabelsalat, was insbesondere beim Sport praktisch ist.

Akku: Tolle Bonus-Funktion, durchschnittliche Laufzeit

Die Galaxy Buds deklariert Samsung auch deshalb als Vorbesteller-Bonus, weil die Ohrhörer ein zentrales Feature des Akkus betonen. Sie lassen sich nämlich kabellos aufladen. Und welches Smartphone kann wie eine Art Powerbank andere Geräte induktiv mit neuer Energie versorgen? Genau, das Galaxy S10+!

Einfach das Icon für „Wireless PowerShare“ im Android-Schnellmenü auswählen, Smartphone drehen und das zu ladende Gerät auf der Rückseite platzieren. Anders als das Huawei Mate 20 Pro kann Samsungs Galaxy S10+ sogar zwei Geräte auftanken. Vorausgesetzt, sie unterstützen den Qi-Standard und der Akku des S10+ verfügt noch mindestens über einen Restladestand von 30 Prozent.

Galaxy S10+ im Test Wireless PowerShare Minimum RestladestandQuelle: Berti Kolbow-Lehradt / handy.de
Nur, wenn der Akku des Galaxy S10+ noch über mindestens 30 Prozent Restladestand verfügt, kann er andere Geräte per Wireless PowerShare aufladen.

Energie für andere Geräte entbehren können Nutzer des Galaxy S10+ aber nur bei sehr sparsamen Gebrauch. Denn obwohl der Akku mit 4.100 mAh recht groß bemessen ist, verbraucht das Samsung-Handy die Energie sehr schnell. Im standardisierten Testverfahren von handy.de leistet der Akku nämlich nur Durchschnittliches. Nach acht Stunden aktiven Einsatzes sind noch 40 Prozent Restladestand übrig, nach 24 Stunden nicht mehr als 18 Prozent.

Galaxy S10+ im Test Akku-Test von Handy.deQuelle: Berti Kolbow-Lehradt / handy.de
Nach 24 Stunden im standardisierten Akku-Test von Handy.de bleiben nur noch 18 Prozent Restladestand. Das ist nur Durchschnitt.

Immerhin lässt sich das Galaxy S10+ im Test schnell wieder aufladen. Dank Fast Charge mit USB Typ C sind nach 30 Minuten wieder 80 Prozent statt 45 Prozent verfügbar.