Samsung Galaxy S10+ im Test: Das S steht wieder für Spitze

Das Falt-Smartphone Galaxy Fold war zwar Samsungs Star auf dem Handy-Mekka MWC 2019. Es erscheint aber erst im Sommer und ist zu einem Preis von 2.000 Euro für die wenigsten Handy-Fans erschwinglich. Mindestens bis zu diesem Zeitpunkt bleibt das in Kürze erhältliche Galaxy S10+ das Top-Gerät Samsungs. Das startet für einen realistischeren, wenn auch immer noch irre hohen Preis ab 1.250 Euro in den Markt. Damit weckt es Erwartungen. Doch zumindest auf dem Papier liefert Samsung mächtig ab: Triple-Kamera hinten, Dual-Kamera vorne, Fingerabdrucksensor im Display und kabelloses Aufladen anderer Geräte. Während eines Hands-On mit Vergleich der drei Galaxy-S10-Varianten hat uns das Plus-Modell schon einmal sehr gefallen. Wie schneidet nun das Galaxy S10+ im Test ab?

Design: Fast nur Diamant ist robuster

Den beim Galaxy S8+ und S9+ eingeschlagenen Design-Trend setzt Samsung auch beim Galaxy S10+ fort. Das langgezogene Display rutscht beim neuesten Modell noch weiter an den oberen und unteren Rand, der jeweils noch schmaler ausfällt als bisher. Die seitlichen Ränder sind wegen der gebogenen Display-Kanten sowieso nicht mehr zu sehen. Dieses Dual-Edge-Design bringt funktional nichts, sieht aber futuristisch und todschick aus.

Auffälligster Unterschied vorne: Die frontale Dual-Kamera verschiebt Samsung vom oberen Balken in ein per Laser ins Display geschnittene Loch. Dieses fällt zunächst gar nicht auf, weil es im dunkel auslaufenden Farbverlauf von Samsungs Standard-Hintergründen dezent zurücktritt. Beim Bedienen von Menüs und Apps fällt es stärker in den Blick, stört aber nicht.

Hinten ist die Kamera mit ihren drei Objektiven das einzige Gestaltungselement. Ihre Metalleinfassung ragt minimal aus dem Gehäuse heraus und kann damit empfindliche Tischoberflächen zerkratzen. Vorder- und Rückseite münden mit fühlbarer Kante in einen chromierten Aluminium-Rahmen.

Das Frontglas und der Metallrahmen sind so robust bzw. kratzanfällig wie bei allen anderen hochwertigen Smartphones auch. Dagegen bei der Rückseite des Galaxy S10+ setzt Samsung erstmals auf ein besonders widerstandsfähiges Material: Keramik. Damit ist kein dekoratives Porzellan gemeint, sondern ein Hochleistungswerkstoff, der unter anderem besonders resistent gegen Kratzer ist. Auf der sogenannten Mohs-Skala sind nur wenige Minerale härter, unter anderem Diamant.

Tatsächlich konnten wir mit einem Schlüssel keinen Kratzer in die Keramik-Rückseite des Galaxy S10+ im Test ritzen. Das ist vorteilhaft für den Transport in einer Tasche. Vorne und an den Seiten kann ein zusätzlicher Schutz durch eine Hülle und Folie aber nicht schaden. An den optischen und haptischen Eigenschaften ändert der Einsatz von Keramik außerdem nichts. Die Rückseite ist deshalb genauso rutschig und anfällig für sichtbare Fingerabdrücke wie eine aus Glas.

Einhändige Bedienung schwierig

Selbst ohne Hülle ist die hierzulande in Weiß oder Schwarz verfügbare Keramik-Variante des Galaxy S10+ ein echter Brummer. Rund 200 Gramm wiegt sie, und damit etwa 25 Gramm mehr als die nur im Ausland vertriebene Version mit Glasrückseite. Selbst für ein Gerät mit 6,4-Zoll-Display ist dies ein relativ hohes Gewicht.

Die Maße des Galaxy S10+ sind im Vergleich zum S8+ und S9+ trotz des größeren Displays hingegen nicht gewachsen, sondern sogar minimal geschrumpft. Das ist aus Ingenieurssicht respektabel, doch eine einhändige Bedienung bleibt bei so einem großen Gerät trotzdem schwierig. Dazu trägt auch ein für unseren Geschmack viel zu hoch platzierter Power-Button bei.

Die Bixby-Taste empfinden wir dagegen nicht mehr als überflüssig und störend, weil sich Samsungs Sprachassistenz endlich auf deutsch verwenden lässt. Nutzt Du ihn nicht, kannst Du außerdem erstmals die Bixby-Taste anderweitig belegen.

Display: Dieses Handy leuchtet heller als viele Fernseher

Mit riesigen 6,4 Zoll bietet das sogenannte Infinity-O-Display des Galaxy S10+ im Test die bisher größte Bildschirmfläche in Samsungs S-Klasse. Freunde großer Screens erhalten so viel Fläche bisher nur im Galaxy Note 9. Im Vergleich zum S8+ und S9+ ist die Auflösung nur entsprechend des etwas längeren Displays gewachsen, entspricht mit 1.440 x 3.040 Bildpunkten also dem Standard namens Wide QHD+. Voreingestellt ist allerdings das niedrigere Full-HD+.

Bei WQHD+ beträgt die Pixeldichte 522 ppi, bei FHD+ noch 395 ppi – beides ist äußerst scharf! Im Alltag fällt der Unterschied kaum auf, außerdem zerren weniger zu beleuchtende Pixel nicht so stark am Akku. Dagegen für grafisch aufwendige Spiele, Virtual-Reality-Anwendungen und zum Betrachten von Fotos ist wiederum die höhere Auflösung von Vorteil. Die Farben wirken, typisch für ein Super-AMOLED-Display, sehr knallig – und das schon in der „natürlichen“ Bildeinstellung, in der „lebendigen“ noch umso mehr.

Galaxy S10+ im Test VideooptimierungQuelle: Berti Kolbow-Lehradt / handy.de
Wenn Du eine App fürs Video-Streaming öffnest, wird Dir angeboten, die Farben dafür zu optimieren. Das ist aber gar nicht nötig. Die Helligkeit und Farbbrillanz des Galaxy S10+ ist auch so schon herausragend.

Beeindruckt sind wir von der außergewöhnlichen Spitzenhelligkeit des Displays. Mit bis zu 1.200 Nits leuchten die Bildpunkte. Weil sich das Display des Galaxy S10+ selbst draußen noch prima ablesen lässt, wertet die immens hohe Spitzenhelligkeit auch den Alltagseinsatz erheblich auf.

Mit dieser Spitzenhelligkeit erfüllt das Gerät den Standard von HDR10+, der bislang sehr teuren aktuellen Fernsehern vorbehalten war. So ergibt HDR auf dem Smartphone endlich Sinn und macht richtig Spaß! Denn dadurch kommen in düster gehaltenen Filmen auf Netflix und Amazon Prime Video helle Akzente viel besser zur Geltung. Außerdem ist in dunklen Bereichen mehr Struktur zu erkennen. Eine zusätzliche Einstellung zur Videooptimierung soll in Netflix und anderen Apps abermals die Schatten aufhellen und die Farben lebendiger abstimmen. Einen nennenswerten Unterschied können wir beim Galaxy S10+ im Test aber nicht erkennen.

Neue Display-Höhe wird nicht ausgenutzt, Kamera-Loch kein Problem

Schade, dass die beiden großen Anbieter für Video-Streaming die neue Display-Höhe des Galaxy S10+ noch nicht ausnutzen. Dagegen in YouTube können wir mit der Fingerzangen-Geste das Bild so vergrößern, dass es den ganzen Bildschirm füllt.

An das Kamera-Loch im Display gewöhnen wir uns schnell, weil dort in der Regel Apps keine relevanten Bildinhalte platzieren. Beim optischen Störfall der „Miles & More“-App der Lufthansa handelt es sich offenbar um einen Einzelfall.