Profi-Tipps: Kunstvoll fotografieren mit dem Handy

Fotografieren mit dem Smartphone: Tipps für Fortgeschrittene

Kunstvoll zu fotografieren bedeutet nicht, dass Du Dich auf die Kamera-Automatik verlässt und mit vorgefertigten Filtereffekten um Dich wirfst. Willst Du Deine Fotografie künstlerisch weiterentwickeln, kommt es stattdessen darauf an, dass Du ein paar zentrale Einstellungen für die Belichtung selbst vornimmst. Nur dann kann das Foto so aussehen, wie es Dein künstlerisches Auge sieht und nicht, wie es die Programmierung der Kamera-Software für das wahrscheinlich beste Ergebnis hält.

1. Profitiere vom Pro-Modus

In der Kamera-App deines Android-Smartphones findest Du häufig auch einen “Pro-Modus“ (beim iPhone brauchst Du dafür eine Extra-App). Dieser gibt Dir Funktionen an die Hand, die auch “Profis“ an herkömmlichen Kameras nutzen würden. Aber keine Angst vor diesem großen Wort. Du musst kein professioneller Fotograf sein. Nirgends steht geschrieben, dass nicht auch Foto-Enthusiasten ohne kommerzielle Absichten darauf zugreifen dürfen.

Huawei P9Quelle: Berti-Kolbow-Lehradt / handy.de
Der Pro-Modus holt noch mehr aus Deinen Fotos heraus.

Und lass Dich nicht von den vielen Einstellungen verwirren. Die wichtigsten für Deine Fotografie sind die Verschlusszeit, die ISO-Empfindlichkeit und die Belichtungskorrektur. Anders als bei herkömmlichen Kameras findest Du keine Einstellung für den sogenannten Blendenwert. Dieser ist vorgegeben. In jedem Fall gilt: Wenn Du diese Einstellungen beherrscht, hast Du im Grunde die Fotografie als Ganzes bereits verstanden.

2. Verschlusszeit für schnelle Szenen und schlechtes Licht optimieren

Damit Fotos auch bei herausfordernden Situationen scharf werden, ist die Verschlusszeit Dein bester Freund. Sie bestimmt, für wie lange das Umgebungslicht auf den Bildsensor trifft. Mit einer sehr kurzen Verschlusszeit von 1/125 oder 1/1000 Sekunde oder noch kürzer – „frierst“ Du Bewegungen ein. Tobende Kinder und Haustiere, Radfahrer und Autos nimmst Du auf diese Weise scharf und ganz ohne Bewegungsschlieren auf. Für Landschaftsaufnahmen oder andere Motive, wo sich wenig bis nichts bewegt, reicht auch eine längere Verschlusszeit von 1/60 oder 1/25 Sekunde. Längere Verschlusszeiten erhöhen aber die Gefahr, dass das Bild durch das Wackeln Deiner Hand beim Auslösen unscharf wird.

Nachts benötigst Du eine längere Belichtungszeit, um genügend Licht auf den Kamerasensor treffen zu lassen. Dadurch wird es aber schwierig, das Motiv bzw. das Smartphone stabil zu halten. Was man gegen unscharfe Fotos tun kann, liest Du unter anderem im nächsten Abschnitt zum ISO-Wert.

Lange VerschlusszeitQuelle: Apple
Die Verschlusszeit bestimmt, für wie lange das Umgebungslicht auf den Bildsensor trifft.

3. Versuche den ISO-Wert niedrig zu halten

Damit Du Bewegungen mit kurzen Verschlusszeiten “einfrieren“ kannst, muss in dieser Zeit eine genügende Menge Licht auf den Sensor treffen. Ist der Himmel bewölkt oder dämmert es vielleicht, genügt die Lichtmenge, die in einer kurzen Verschlusszeit durch das Objektiv kommt, vielleicht nicht für ein ausreichend helles Bild. Dann kannst Du den ISO-Wert erhöhen, damit der Sensor auch mit weniger Licht auskommt.

Doch je weiter Du die Sensor-Empfindlichkeit erhöhst, desto mehr weiße, rote und blaue Störpixel siehst Du. Die relativ kleinen Bildsensoren in Smartphones sind sehr anfällig für dieses sogenannte Bildrauschen. Versuche daher den Wert möglichst unter ISO 800 zu halten, am besten sogar viel niedriger. Willst Du zum Beispiel in Innenräumen ein Porträt schießen, gehe für mehr Licht einfach näher ans Fenster oder an eine Lampe.

Willst Du eine schön illuminierte Stadtansicht fotografieren, bei der sich nichts bewegt, kannst Du wiederum die Verschlusszeit erhöhen, um den ISO-Wert zu minimieren. Damit Du dann nicht verwackelst, lege das Handy auf eine Mauerkante auf oder verwende ein Smartphone-Stativ.

4. Belichte so, dass Dein Hauptmotiv korrekt beleuchtet ist

Alle Smartphone-Kameras sind so eingestellt, dass sie das Objekt ins richtige Licht rücken, auf denen Du das Fokus-Kästchen legst. Handelt es sich dabei um ein Gesicht, ist manchmal der Hintergrund viel zu hell. Fotografierst Du eine Landschaft, ist oft der Himmel zu hell oder der Vordergrund zu dunkel. Die Kamera-Software kann leider nur raten, worauf Du den Belichtungsschwerpunkt legen will.

Daher musst Du ihr etwas nachhelfen, indem Du durch die Korrektur des EV-Werts einen besseren Kompromiss schaffst. Regle ihn in kleinen Schritten hoch oder runter, bis das Bild so aussieht, wie Du es Dir vorstellst.

Checke anschließend nochmal die Verschlusszeit und den ISO-Wert. Denn die genannten Einstellungen (Verschlusszeit, ISO, EV-Wert, bei normalen Kameras auch Blende) stehen in einem wechselseitigen Verhältnis.

5. “Komponiere“ Dein Bild mit dem Hilfsgitter

Ob wir ein Bild ästhetisch finden oder nicht, ist kein Zufall. Schon weit vor dem Beginn der Fotografie haben sich Gestaltungsregeln etabliert, die heute noch ihre Gültigkeit haben. Willst Du künstlerisch fotografieren, darfst Du sie gern brechen, solltest sie aber vorher zunächst einmal beherrschen.

Eines der gängigsten Gestaltungsprinzipien ist die Drittel-Regel. Demzufolge wirkt ein Bild aufregender, wenn Du das Hauptmotiv nicht zentrierst, sondern es anhand bestimmter Proportionen platzierst. Dazu aktivierst Du entweder im Hauptbildschirm der Kamera-App oder in den Optionen ein Hilfsgitter, das die Ansicht mit zwei waagerechten und zwei senkrechten Linien in neun Bereiche unterteilt. Versuche die für die Bildaussage wichtigen Bestandteile auf die Schnittpunkte zu legen. Fotografierst Du ein Porträt, befindet sich für gewöhnlich beispielsweise das Augenpaar oder das nähere Auge auf einem der oberen Schnittpunkte. Probiere das doch einfach einmal aus!

6. Verwende Raw-Qualität

Willst Du Deine Bilder später nachbearbeiten, solltest du sie im Rohdatenformat DNG oder RAW abspeichern. Dieses speichert mehr Informationen als JPG-Dateien. Dadurch bleiben Details in vermeintlich zu dunklen und zu hellen Stellen vorhanden, die du in Foto-Apps später “zurückholen“ kannst. Je nach Kamera-App kannst du die Option für Raw-Qualität im Einstellungsmenü auswählen oder indem du den Pro-Modus aktivierst. Beim iPhone brauchst du dafür eine zusätzliche Kamera-App, weil Apple dieses Feature in seiner eigenen Anwendung nicht freischaltet.

7. Apps für Vorbereitung, kreatives Fotografieren und Nachbearbeitung

Aktuelle Smartphones bieten Dir ab Werk schon Apps, die Dir alles Wichtige fürs Fotografieren, Bearbeiten und Speichern an die Hand geben. Mit zusätzlichen Apps kannst Du aber Deine kreativen Möglichkeiten erweitern, bessere Foto-Gelegenheiten finden und das ein oder andere Manko beseitigen.

Wenn Du tolle Foto-Spots suchst, können Dich zum Beispiel die extra für Fotografen geschriebenen Reiseführer wie zum Besipiel Fripito (iOS,) inspirieren. Den Zeitpunkt für das beste Licht planst Du zum Beispiel mit PhotoPills (iOS, Android) oder SunSurveyor (iOS, Android). Weil das iPhone von Haus aus über keinen Pro-Modus verfügt, brauchst Du eine Extra-App wie Lightroom CC (iOS, Android)oder ACDSee Camera Pro (iOS, Android).

LightroomCC AppQuelle: LightroomCC

Möchtest Du deinen Bildern ohne großen Aufwand einen Look verleihen, der aus der Masse heraussticht, sind die Filter der VSCO-App (iOS, Android) eine gute Wahl. Umfangreichen Komplettlösungen zur Bildbearbeitung bieten Lightroom CC, ACDSee Pro oder Snapseed (iOS, Android). Für spezielle Retuschen von Gesichtern empfiehlt sich Photoshop Fix (iOS, Android), stürzende Linien bei Architekturaufnahmen begradigst Du mit Skrwt (iOS, Android).

[article_box style=“2″ articles=“4718,19354″]